Mili Balakirew hatte sich die Entwicklung und Förderung einer russischen Nationalmusik bereits frühzeitig auf seine Fahnen geschrieben. Gemeinsam mit Rimsky-Korsakov und Mussorgsky bildete er das Haupt einer unter dem Namen „Russisches Häuflein“ bekannt gewordenen Komponistengruppe, die sich am Erbe russischer Volksmusik und Mythologie orientierte. Folgerichtig inspirierte sich Balakirew in einem seiner ersten Orchesterwerke bereits 1857/58 an russischen Volksliedern. Interessant ist aber, dass die Orchesterbehandlung und formale Gestaltung dieser Ouvertüre genannten Komposition noch von klassischen, im wesentlichen deutschen Vorbildern (Beethoven, Mendelssohn) geprägt bleibt.
Nach einer etwas tumultuösen Einleitung intonieren Flöten und Klarinetten das erste der drei Volkslieder mit dem Titel „Die silberne Birke“, ein elegisch-zartes Thema, das von Violinen und Violoncelli gleich aufgegriffen wird. Es folgt das zweite, inhaltlich verwandte Lied mit Namen „Auf dem Feld steht ein Birkenbaum “. Dieses dunkler gefärbte Thema wird Tschaikowski zwanzig Jahre später in das Finale seiner vierten Sinfonie aufnehmen. Das letzte Volkslied, die heitere Weise „Es begab sich beim Festmahl“ erscheint zum ersten Mal in der Oboe. Auch dieses wird ein russischer Komponist an prominenter Stelle später wieder zitieren: Igor Strawinskys in seinem „Petruschka“. In Balakirews Ouvertüre werden das zweite und dritte Thema nach allen Regeln der Kunst verarbeitet, kombiniert und übereinandergelegt. Der erste Gedanke taucht hingegen erst am allerletzten Schluss in der Coda wieder auf.