Im Laufe des 18. Jahrhunderts hatte sich in den europäischen Hauptstädten eine rege öffentliche und private Tanzkultur entfaltet. Auf Bedingungen dieser bürgerlichen Tanzszene, sowie Mozart Rolle als Tänzer in verschiedenen regionalen und gesellschaftlichen Kontexten und auf Mozart als Komponist von Gesellschaftstänzen wird die Salzburger Tanzwissenschaftlerin Dr. Irene Brandenburg in ihrer Einführung vor dem Konzert genauer eingehen. „Mozart war ein von Kindesbeinen an begabter und begeisterter Tänzer, dem seine Heimatstadt Salzburg und später auch die als besonders „tanzwütig“ geltende kaiserliche Metropole Wien mit ihren zahlreichen gesellschaftlichen Anlässen ein reiches Betätigungsfeld boten. Nicht zuletzt deshalb widmete er sich auch als Komponist ausgiebig allen Facetten der Tanzkultur seiner Zeit.“ (Dr. Irene Brandenburg).
Wieder geben uns die Briefe Mozart unschätzbare Aufschlüsse über scheinbare Details aus seinem Privatleben. „(…) Wir haben abends um 6 uhr angefangen und um 7 uhr aufgehört;- was nur eine stunde?- Nein Nein! – Morgens um 7 uhr!“ schreibt er seinem Vater am 22. Januar 1783. Insbesondere zur Faschingszeit besuchte Mozart demnach gerne Maskenbälle. Haupttänze dieser sogenannten „Redouten“ waren das elegante Menuett, der vergnügliche Kontratanz und der Deutsche Tanz, der den Siegeszug des Walzers einleitete. Zu all diesen Gesellschaftstänzen hat Mozart sich nicht nur gerne bewegt, er hat auch zu solchen Anlässen komponiert. Eine Auswahl von Mozarts Tanzstücken erklingt in diesem Schlusskonzert der Reichenhaller Mozartwoche, die auch noch mit einer weiteren Besonderheit aufwarten kann: Das Salzburger Ensemble „Musica et Saltatoria“ (Natalie Gal, Daniela Brotsack, Uta Gruber, Michaela Helfer, Wolfgang Busch, Bernhard Girardi, Andrea Muscas, Wolfgang Wanko) wird diese Tänze nämlich vor Ort in Kostümen und mit Schrittfolgen der Mozartzeit umsetzen. Dieses choreographische Element ist für die Zuhörer eine wertvolle Bereicherung, weil sich dadurch die Einheit von Musik und Tanz umso stärker erleben lässt. Das Konzert wird damit – sozusagen durch die Hintertür – zu einer Art historischer „Dancing-Show“!
Auch abgesehen von eigenständigen Tanzkompositionen finden sich in Mozarts Werk immer wieder Tanzelemente – nicht immer so explizit wie in seiner Ballettmusik „Les petits riens“ KV 299, die er während seiner dritten Parisreise für den berühmten französischen Tanzmeister Noverre geschrieben hat. Auch im ersten Finale des „Don Giovanni“ nutzte Mozart Tanzcharaktere, um die Hochzeitsfeierlichkeiten von Zerlina und Masetto zu umrahmen. Freilich nicht billig und plakativ, sondern verbunden mit einem grandiosen Effekt: Die Tänze der Hochzeitskapelle erklingen nämlich gleichzeitig mit der übrigen Szene in verschiedenen Taktarten, so als würde man einen „Film im Film“ miterleben können. Die Doppelbödigkeit dieser Szene strotzt jeglicher Beschreibung!
Mozarts Tanzmusik wird uns in dieser Abschlussveranstaltung der Bad Reichenhaller Mozartwoche elegant und charmant in den Alltag hinausbegleiten. Einen schwungvolleren, spritzigeren und ideenreicheren Kehraus könnte man sich schwerlich wünschen. Und wer weiß: Vielleicht wird der von Mozarts Musik in Bewegung versetzte Reigen der Konzertbesucher ja im kommenden Jahr zu seinem Ausgangspunkt zurückkehren – zur Mozartwoche 2018. Dass unter dem Licht eines musikalischen Fixsterns dann auch die Korken zum 150. Geburtstag der Bad Reichenhaller Philharmonie knallen werden, ist eine wunderschöne Verbindung über Zeitgrenzen hinweg. Freuen wir uns drauf!