Als Organist, Pianist und Lehrer war Camille Saint-Saëns ein enorm einflussreicher Musiker, der sich als Komponist auch besonders um eine eigenständige französische Musik verdient machte. Nach dem frühen Tod seiner beiden Söhne und der Trennung von seiner Frau verbrachte er als musikalischer Globetrotter viel Zeit im Ausland. Seine zoologische Fantasie „Der Karneval der Tiere“ war 1886 als Gelegenheitswerk für ein Hauskonzert im Freundeskreis entstanden. Kaleidoskopartig fügen sich hier 14 Tierporträts zu einem bunten Reigen sonderbarer und liebenswerter Charakterstücke zusammen. Das Stück weist mit zwei Klavieren, Streichern, zwei solistischen Bläsern (Flöte und Klarinette) sowie den seltenen Zusatzinstrumenten Glasharmonika und Xylophon eine ungewöhnliche Besetzung auf. Eine Besonderheit liegt auch im Prinzip der ständigen Abwechslung. Im ersten marschiert der brüllende König der Tiere auf – diesem Leu gackern die Hühner aber bald respektlos entgegen. Während die Maultiere rasend schnell vorübergaloppieren, ziehen die Schildkröten zu Offenbachs extrem verlangsamtem „Can-Can“ unbeeindruckt von dannen. Ein einzelner Elefant vollführt – als Kontrabass verkleidet – einen pompösen „Elfentanz“ zur Musik aus Berlioz „Fausts Verdammnis“.
Perlende Arabesken verleihen dagegen einem „Aquarium“ schillernde Farben. Die ursprünglich dafür vorgesehene Glasharmonika – ein Instrument aus unterschiedlich gestimmten Gläsern – wird heute oft durch Celesta oder Glockenspiel ersetzt. Im Vergleich dazu wiehern die Esel – „Personen mit langen Ohren“- schon wesentlich handfester. Im Taubenschlag vibriert’s und zittert’s, wozu auch eine einzelne Flöte aufgeregt mit den Flügeln schlägt. Dass dann die „Pianisten“ als eigene „Gattung“ auftreten, befremdet etwas, durchbricht dieser tieruntypische Einschub doch Saint-Saëns ästhetisches Konzept. Das spricht aber dafür, dass das Stück wohl nicht als ausgefeilte Komposition gedacht war, sondern einer momentanen Laune entsprang. Nichtsdestotrotz ist die Schilderung der Klavierspieler als unmusikalische Anfänger zwar wenig schmeichelhaft, dafür umso unterhaltsamer. Ein interessantes Mittel verwendet Saint-Saëns schließlich in den „Fossilien“: Versatzstücke der musikalischen Vergangenheit (Mozart, Rossini, u.a.) werden „ausgegraben“, um den altertümlichen Charakter der Versteinerungen anzudeuten. Bevor sich im Finale die Protagonisten endgültig verabschieden, zieht noch ein Schwan im Cello seine Kreise – eine der edelsten melodischen Eingebungen des Komponisten, der öffentlichen Aufführungen seines „Karnevals“ dennoch skeptisch gegenüberstand. Erst nach seinem Tod setzte sich das Werk durch, sehr zur Freude von Jung und Alt, die den Witz und die Illustrationskunst des kurzweiligen Werkes bis heute schätzen.