1. Satz Allegro moderato
2. Satz Adagio di molto
3. Satz Allegro ma non tanto
Lange musste Sibelius nach seinem persönlichen Stil suchen. Waren ihm während seiner Wiener Zeit akademisch orientierte Komponisten wie Brahms und Robert Fuchs wichtig, so orientierte er sich, was Form und Orchesterklang betraf, später an Wagner und Bruckner. Nach ausgedehnten Reisen und Lehrjahren in seine finnische Heimat zurückgekehrt, rückte dann zusätzlich auch das skandinavische Volkslied in seinen Fokus. Verwurzelung fand Sibelius schließlich im finnischen Mythos, aus dem er Anregungen für seine Stücke bezog. Besonders im anglo-amerikanischen Raum war ihm bereits zu Lebzeiten großer Erfolg beschieden. In Europa ließ dieser aus ästhetischen und politischen Gründen länger auf sich warten.
Zur Geige hatte Sibelius eine starke persönliche Beziehung, seitdem er im Alter von 14 Jahren mit dem Unterricht begonnen hatte. Neben einem Jura- begann er in Helsingfors deshalb sogar ein Violinstudium, sattelte aber bald auf Komposition um. Die technischen und musikalischen Möglichkeiten des Instruments kannte er aber jedenfalls von Grund auf. So verwundert es nicht, dass sein einziges Instrumentalkonzert gerade für die Geige geschrieben wurde. Es entstand in den Jahren 1903 und 1904 und wurde nach einer Umarbeitung und Kürzung als Neufassung 1905 von Richard Strauss in Berlin uraufgeführt. Das Konzert ist klassisch dreisätzig gearbeitet und erinnert in seiner Anlage an das entsprechende Werk von Brahms. In Aussage und Charakter führt uns Sibelius Konzert aber in völlig andere seelische Bezirke. Der erste Satz hebt gewissermaßen im „Nebel“ oder „Schneetreiben“ an. Suchend, zerklüftet, ja seltsam „verworren“ könnte man die ersten Passagen des Soloinstruments nennen. Eine Orchesterüberleitung im 6/4-Takt führt uns zum, der Geige in parallelen Sexten genial auf den Corpus komponierten Seitenthema. Ein Orchestertutti im raschen Tempo mündet in eine Art Solo-Rezitativ, aus der sich wiederum die Kadenz herausschält. Der zweite Satz stellt die Violine in sehr gedehntem Tempo gewissermaßen in die Weite der skandinavischen Landschaft hinein. Deren Kantilene geht zu Herzen, das Orchester begleitet mit fein austarierten Pastelltönen. Das energische Hauptthema des Finales führt uns in die Welt des nordischen Tanzes. Das zweite Thema spielt gekonnt zwei Taktarten gegeneinander aus (¾- und 6/8-Takt) – Brahms hätte seine Freude daran gehabt. Der motorische Impetus dieses Satzes kulminiert in einer spannungsgeladenen Coda auf dem Orgelpunkt d. Sibelius Violinkonzert gehört seit seiner Entstehung zu den geigerischsten, wirkungsvollsten und beliebtesten Werken dieser Gattung überhaupt.