Zum 90-jährigen Bestehen der Wiener Symphoniker komponierte Jean Françaix 1988 ein halbstündiges Orchesterstück, dem er den launigen Titel „Folge einer Überraschung“ gab. Er spielte damit auf die Wiener Neujahrskonzerte an, bei denen der Dirigent außer Programm schon mal gern in eine Tröte bläst oder die Musiker beim Spielen auch noch singen. Zusätzlich nannte der Komponist sein Werk im Untertitel ein „Konzert für 15 Solisten und Orchester“, allerdings mit Augenzwinkern, da eine so große Gruppe von „Solisten“ dem Konzertprinzip ja eigentlich widerspricht. Dass Françaix auf diesen Einfall eine Solistengruppe verfiel, hat laut eigener Aussage den Grund in seiner Liebe zu den Farben des symphonischen Orchesters: Es sei reizvoll, Instrumente von völlig verschiedener Art wie Tuba und Harfe zu einer gemeinsamen Klangfarbe zu verbinden.
Inhaltlich wollte Françaix eine Brücke zwischen Paris und Wien herstellen. „Das Stück soll auch eine Huldigung an die Wiener sein, die ihren Franz Schubert geliebt haben, also an jene, die vom Lachen ins Weinen fallen können und die in meinen Augen jenen Typ Mensch verkörpern, den ich für den besten überhaupt halte und von dem ich nur hoffen kann, dass er nie ausstirbt.“ So kommt es, dass sich der Wiener Walzer mit dem „Gott erhalte“ verbündet. „Demokratie und Aristokratie gehen sozusagen eine Ehe ein.“ formulierte der Komponist anlässlich der Uraufführung am 16. Mai 1990 in Wien. Die Orchestergruppen sind von Beginn an getrennt aufgestellt, einzelne Bläser und Schlagzeuger ziehen aber erst gegen Ende des Stückes ein. Ein besonderes „Spasset’l“ hat sich der Komponist für den Schlussakkord vorbehalten: Ihm fehlt gewissermaßen der vierte Buchstabe! Françaix umgekehrte Variante eines „Startschusses“ hat nämlich mit jenem französischstämmigen Schaumwein zu tun, der in Wien gerne und lautstark zu Neujahr entkorkt wird…