Inhalt der 1855 uraufgeführten Oper „Die Sizilianische Vesper“ ist der Machtkampf um die Insel Sizilien zwischen Staufern, Österreichern, dem Haus Anjou und dem Papst Mitte des 13. Jahrhundert. Der französische Dramatiker Eugene Scribe hatte daraus ein Opernlibretto für Verdi gestrickt und den Titel an den Beginn der Kämpfe nach einer österlichen Vesperfeier angelehnt. Die Ouvertüre fügt zentrale Themen der Oper zu einem eigenständigen Eröffnungssatz zusammen. Gleich der Beginn ist typischer Verdi: Über eine von Pausen durchsetzte rhythmische Figur legt sich eine getragene Holzbläsermelodik. Nach einem Trommelwirbel hebt ein martialischer Hauptsatz mit gezackten Violinfiguren und dröhnenden Blechbläsern an, abgelöst von einem Sehnsuchtsthema in den Celli. Ein optimistischer Tanzteil wendet sich nach beim Posauneneinsatz zu den kriegerischen Klängen zurück. Noch einmal versuchen die Geigen das Geschehen zu besänftigen, sind aber gegen den Widerstand der Blechbläser wehrlos. Die Ouvertüre ist ein Beispiel für Verdis nicht historisierenden Zugang: Anstatt ein fiktives Mittelalter musikalisch abzuzeichnen, formuliert er die für ihn zeitlosen menschlichen Konflikte in seiner eigenen Sprache.
Mit „Don Carlo“ betreten wir die völlige andere Welt der „Literaturoper“. Auf diesem Gebiet waren es vor allem zwei Dramatiker, die seit jeher Verdis Fantasie entfacht hatten: Shakespeare und Schiller. Bereits in seinen frühen Opern „Luisa Miller“ und „Giovanna D’Arco“ hatte Verdi Schillertexte vertont. Im Falle seines 1867 uraufgeführten „Don Carlo“ erreicht die Verbindung von musikalischer Einfallskraft, dramaturgischer Stringenz und psychologischer Durchdringung einen neuen Höhepunkt. Schillers Vorlage gemäß ist es kein blindes Schicksal, das die Menschen in den Abgrund reißt, es sind reale politische Machtkämpfe und Intrigen, an denen das Gefühl der Liebenden und die Lauterkeit des Helden zu Grunde gehen. Der seinen Leidenschaften ausgelieferte Infant Don Carlo (Tenor) findet im welterfahrenen Marquis Posa (Bariton) eine wirkungsvolle Gegenfigur. In einem packenden Duett offenbart Don Carlo dem Freund seine Liebe zur eigenen Stiefmutter. Der Marquis rät ihm, dieser gefährlichen Verbindung möglichst schnell zu entkommen. Verdi erfindet für diese Szene ein Thema von seltener Durchschlagskraft: Die parallelen Terzen suggerieren, dass die Freunde Seite an Seite gehen. Der heroische Rhythmus der Blechbläser gibt der Melodie den passenden Rahmen.
Im Fall von „La Traviata“ nach Alexandre Dumas (uraufgeführt 1853) sind es gesellschaftliche Zwänge und Kleingeistigkeit, an denen sich die Liebe des Paares aufreibt. Diese ist aufrichtig, intensiv, aber von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Wieder gestaltet Verdi einen Stoff, bei dem äußere Widerstände eine starke seelische Verbindung zerstören. Dass Violetta nach dem ständigen emotionalen Auf und Ab an Schwindsucht erkrankt, ist nur der abschließende Höhepunkt einer unheilvollen Entwicklung. Zu Beginn des dritten Aktes ist sie bereits bettlägrig. Die zittrigen Akkorde der Geigen am Beginn des Vorspiels setzen die Fragilität der bereits vom Hauch des Todes angerührten jungen Frau um. Eine Erinnerung an bessere Zeiten steigt auf, fällt am Höhepunkt in sich zusammen und klingt in herzerschütternden Seufzern aus. Der abschließende Triller klingt wie ein unsagbar verzweifeltes Wimmern in vollkommener Hoffnungslosigkeit. Es mag in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein, dass Verdi seine eigene erste Gattin Margherita 1840 nach nur vier Jahren Ehe ebenfalls durch Krankheit verlor, nachdem er bereits zuvor seine beiden Kinder zu Grabe tragen musste. Wie folgenschwer diese tragische Hypothek für die künstlerische Entwicklung des Komponisten gewesen sein muss, lässt sich von außen gar nicht richtig einschätzen.
Seine Oper „Die Macht des Schicksals“, uraufgeführt 1862, basiert auf einer blutrünstigen Familiengeschichte um die Spanierin Leonora und ihren Geliebten Alvaro. Die Handlung beginnt mit der „irrtümlichen“ Ermordung von Leonores Vater und endet mit Leonores eigenem Tod, verschuldet durch ihren leiblichen Bruder. Die unwahrscheinlichen Verwicklungen und Verstrickungen, die dazwischenliegen, sollen im Grunde nur eines zeigen: Dass der Mensch gegen die Ränke des Schicksals machtlos ist. Die Ouvertüre dazu ist ein ungemein zugkräftiges Stück. Das Geschehen wird von einem aufwärtsschießenden und wieder in sich zusammenfallenden kurzen Motiv der Streicher konsequent angetrieben und bewegt. Ein kontrastierender lyrischer Teil verbindet Klarinette und Harfe miteinander, bevor die Trompeten zum Kampf rufen. Am Ende heizt das Schlagwerk die Temperatur bis zum triumphalen Finale immer mehr an, das vom düsteren Ausgang der Oper freilich nichts erahnen lässt.