1. Satz Andante – Allegretto
2. Satz Allegro – Adagio
Das Violinkonzert von Alban Berg bündelt auf engstem Raum einen bedeutenden Zeitraum der Musikgeschichte. Der Untertitel bezieht sich auf Manon, die Tochter von Mahlers Witwe Alma und des Architekten Walter Gropius, die 1935 18-jährig an Kinderlähmung starb. Berg hatte dieses sphärische Wesen schon seit je verehrt und schrieb ihr nun ein instrumentales „Requiem“. Dass es mit seinem letzten Werk zugleich um ein eigenes Todesstück handelt sollte, wusste der im selben Jahr an einer durch einen Insektenstich ausgelösten Blutvergiftung sterbenden Komponist damals noch nicht. Den Anlass zur Entstehung des Violinkonzerts hatte zwei Monate zuvor bereits der amerikanische Geigers Louis Krasner gegeben, der bei dem in Nazi-Deutschland verfemten Komponisten ein Werk für sich bestellt hatte. Bei der gemeinsamen Vorbereitung hatte Krasner Berg offenbar auch leere Quinten vorgespielt – ein an sich ja einfaches musikalisches Geschehen, das Berg aber geschickt in die Konzeption der Zwölftonreihe aufnahm und an den Beginn der Solostimme stellte. Der erste Satz greift einzelne biographische Motive aus Manons Leben auf.
Die Kärntner Volksweise „Ein Vogel auf’m Zwetschgenbaum“ taucht auf, die Manons Kindheit in Kärnten andeuten soll. Walzermotive spielen auf die Jugend in Wien an. Bergs Melodieerfindung ist von ausgesprochener Intensität. In der Partitur tauchen aber Anweisungen wie etwa „schattenhaft“ auf, die suggerieren, dass dies alles nun vorbei sei. Formal gesehen könnte man den Satz auch als Verschmelzung von Einleitung und Scherzo verstehen (so erklärt sich auch die Anweisung „Trio 1“). Der zweite Satz beginnt „frei, wie eine Kadenz“. Die Atmosphäre ist schmerzlich. In der Satzmitte nimmt die Solostimme den Bachchoral „Es ist genug“ auf, den Berg auch am Ende wieder aufgreift. Diese ungewöhnliche Melodie steigt in Ganztonschritten aufwärts – genauso wie das Ende der dem Werk zugrundeliegende Zwölftonlinie. Ein besonderer Reiz liegt darin, dass sich die expressive Solostimme an der Klarheit des Chorals reibt und sich erst recht entzündet. Berg erreicht Momente von großer Innigkeit und Wehmut. Der Schlussakkord, wenn die Violine in die höchste Höhe aufsteigt und ganz Licht wird, klingt geradezu wie jenes mystische Verhauchen, durch das der „Engel“ ins Jenseits entgleitet.