Konzert für zwei Klaviere und Orchester as-Moll op. 88a

1. Satz  Andante sostenuto
2. Satz  Andante con moto – Allegro molto vivace
3. Satz Adagio ma non troppo
4. Satz Andante-Allegro

 

Als Kompositionslehrer genoss Max Bruch – seit 1891 unterrichtete er an der Königlichen Akademie der Künste in Berlin – allerhöchstes internationales Ansehen. Das mag an einer Tugend liegen, die lange Zeit als Qualitätsmerkmal guter Kunst betrachtet wurde: seiner soliden Handwerklichkeit. Bruch beherrschte die Finessen des Komponierens aus dem Effeff, seine Instrumentation ist farbig, seine Melodien eingängig, der Reigen seiner Vokal- und Instrumentalwerken abwechslungsreich. Vielleicht fehlte es ihm an Radikalität, um in die ganz erste Riege deutscher Komponisten vorzustoßen, oder war für die ästhetischen Grabenkämpfe in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schlichtweg nicht geschaffen. Tatsache ist, dass Bruch auch neben seinem weltberühmten Violinkonzert Werke von höchster Qualität geschaffen hat. Konzertwerke für Streichinstrumente („Schottische Fantasie für Violine“, „Kol Nidrei für Violoncello“ oder das „Konzertstück für Viola“ jeweils mit Orchester) rangieren in der Skala dabei ganz oben. Erst am Ende seines Lebens wagte sich Bruch auch an ein Konzert für Tasteninstrumente – obwohl zu vermuten ist, dass er sich, wäre nicht 1912 ein Auftrag eines amerikanischen Klavierduos gekommen, dazu wohl nicht mehr entschlossen hätte.

Diese Annahme wird zumindest durch den Umstand nahegelegt, dass er dem Auftrag nicht durch die Komposition eines neuen Stücks nachkam, sondern kurzerhand ein älteres bearbeitete. Aus einer „Suite Nr. 3 für Orgel und Orchester“ wurde das „Konzert für zwei Klaviere“. Dieser Ursprung aus einer Suite mit Orgel erklärt zweierlei: einerseits die überraschende Viersätzigkeit des Werkes – ein konservativer Komponist wie Bruch hätte sich wohl an die sonst übliche Dreisätzigkeit gehalten -, und andererseits die deutlichen Bezüge zu J.S. Bach im ersten Satz. Dieses Andante sostenuto bringt nämlich nach einer pathetischen Einleitung ein Fugato im Bachstil. Es erreicht beim Eintritt der Trompeten und Posaunen einen fortissimo-Höhepunkt. Den zweiten Satz eröffnet ein kurzer rezitativischer Teil mit einer hervorstechenden Oboe vor dem bewegten Hauptsatz. Die Stimmung schwankt ständig zwischen Heiterkeit und Leidenschaftlichkeit. Ein Hornsolo führt uns am Beginn des dritten Satzes in eine andere Welt. Die Klaviere schweben über samtenen Streicherteppichen zuerst noch verschleiert, bis sich die Musik allmählich verdichtet und im Tutti große Eindringlichkeit erreicht. Wie Bruch die Gewichte in diesem Satz verteilt, verrät Meisterschaft. Einstimmige Oktaven markieren dann den Beginn des Finales. Auch hier wird wieder ein leidenschaftlicher Ton angeschlagen. Die fliegenden Tonleitern der Coda lösen den schwermütigen Beginn am Ende aber in Luft auf.