Eine der angesehensten musikalischen Persönlichkeiten des Vereinigten Königreichs im 20. Jahrhundert war der 1987 von der Queen geadelte Sir Peter Maxwell Davies. Als Komponist und Dirigent prägte er die zeitgenössische Musikszene auf der Insel entscheidend mit. Dass er 2004 mit über 70 Jahren den prestigeträchtigen Posten eines „Master of the Queen’s Music“ erhielt, ist Ausdruck einer Wertschätzung bis in höchste gesellschaftliche Kreise hinein. Als durch und durch britischer Mensch verfügte Maxwell Davies aber neben dem typischen Inselbewusstsein – er lebte auf der kleinen schottischen Orkneyinsel Hoy – auch über die gehörige Portion Humor. Das beweist sein ebenso kurzes wie schlagkräftiges Stück „An Orkney Wedding, with Sunrise“. Es dürfte das wohl einzige Stück von Rang sein, bei dem ein Dudelsack als Soloinstrument mit Sinfonieorchester spielt. In einem launigen Videointerview erzählte der Komponist selbst, wie es dazu kam: Alles begann damit, dass ein befreundetes Paar seine Hochzeit auf traditionelle Weise feiern wollte. Maxwell Davies war einer der geladenen Gäste und zugleich ein scharfer Beobachter des Festes, das desto ausgelassener wurde, je mehr Whiskey die Kehlen hinunterfloß. Was dabei musikalisch passierte, führt uns der Komponist in seinem Orchesterstück vor. Die Hochzeitsmusiker reagierten auf dieses Getränk nämlich mit erstaunlich experimentellen Spieltechniken: Ab einem gewissen Punkt fanden sie es beispielsweise unnötig, ein Tempo gemeinsam durchzuhalten, vielmehr variierten sie es je nach Belieben jeder für sich. Auch die langweilige Gleichförmigkeit bekannter Melodien konnte ihrem künstlerischen Anspruch nicht genügen, in rüden „Improvisationen“ ließen sie dafür ihrer Fantasie freien Lauf. Wo das Gedächtnis aussetzte, halfen sie sich kurzerhand mit neuen „tunes“, mochten diese nun zum Rest passen oder nicht. Der Verlust an intonatorische Treffsicherheit wurde durch wirkungsvolles Glissandieren ausgeglichen. Ein offenbar halbwegs nüchterner Geiger versuchte zwar zu retten, was zu retten ist, konnte sich gegen die stets falsch und derb einsetzende Trompete aber schlussendlich nicht behaupten. Dem Komponisten blieb nichts Anderes übrig, als das Weite zu suchen und welche Wohltat müssen seinem geplagten Ohr die vertrauten Dudelsackklänge gewesen sein, die der aufrechte „piper“ über die im Sonnenaufgang liegende Insel schweben ließ…
„An Orkney Wedding, with Sunrise“ erlebte seine Uraufführung 1985 durch das Boston Symphony Orchestra und etablierte sich rasch als eines von Peter Maxwell Davies wirkungsvollsten Stücke.