1. Allegro con fuoco
2. Molto vivace
3. Andante cantabile
4. Final. Prestissimo et très gai
Nach einer Begegnung mit der Pariser Komponistengruppe „Les Six“ wandte sich der 1899 geborene französische Komponist Francis Poulenc einer neoklassizistischen Ästhetik zu. Klar, knapp und auf das Wesentliche reduziert sollte die Musik klingen – ein Weg, den bereits Igor Strawinski in Abwendung vom romantischen Überschwang vorgezeichnet hatte. Poulenc orientierte sich in seinen frühen Jahren aber nicht nur an ihm, sondern hing auch einer Nähe zu Jazz, Revue- und Zirkusmusik nach. Zündende Melodien, die Poulenc scheinbar mühelos zuflogen, mögen dafür ein Beleg sein. Freilich konnte nicht ausbleiben, dass konservative Kritiker ihm billiges Sentiment und sogar Vulgarität vorwarfen – ein Vorwurf, den der unangepasste Bürgerschreck wohl mit einem frechen Augenzwinkern quittiert haben würde…
Sein einziges sinfonisches Werk, die „Sinfonietta“ schrieb Poulenc bereits nach Ende des Zweiten Weltkriegs 1947, als etwa Prokofjews Symphonie classique schon 30 Jahren auf dem Buckel hatte. An Poulencs Werk fällt die Vielzahl stilistischer Spielarten auf: klassische Passagen im Geist von Mozart und Schubert, romantische Innerlichkeit á la Brahms, dann wieder Ausbrüche von Varieté- und Filmmusik. Und doch schafft Poulenc es, diese Melange vollkommen originell wirken zu lassen. Vielleicht war ihm das Spiel mit der Gattung Sinfonie, der unernste Umgang mit der „heiligen Kuh“ der klassisch-romantischen Formengeschichte ja geradezu eine spitzbübische Freude: Eine große, erste Sinfonie wie Mahler wollte er ohnehin nicht schreiben, lieber eine schlanke, kokette Sinfonietta, wie nur Poulenc es konnte…
Der erste Satz stürmt gewissermaßen „tempestuoso“ durch die von der Pauke aufgestoßene Eingangstür. Ein Sechzehntel-Motiv übernimmt die Führung, wird aber schnell von typischen charmanten Poulenc-Melodien abgelöst. Der zweite Satz versprüht als veritable Tarantella viel positives Lebensgefühl. Ei zelne Solisten (Horn, Klarinette, Oboe) lösen sich aus dem Gesamtverband und führen den Satz zu einer hymnischen Steigerung. Nach einem reinen Holzbläserbeginn singen die Streicher im dritten Satz zunächst ihre ganze Seele aus. Höchst originell wirkt die Moll-Dur-Auflösung am Ende. Das robuste Finale entfaltet sich anfangs über ein schubertisch angehauchtes Thema, immer wieder unterbrochen von Reminiszenzen an „tres chanté“-Passagen der früheren Sätze. Grelle Zirkustrompeten erinnern an die Welt von Poulencs Musik für „Babar, den kleinen Elefanten“. Mit einem überraschenden Salto fegt sich die Si fonietta – oder der Komponist? – nach einer breit angelegten Coda auf Eulenspiegel- Art am Ende kurzerhand selbst aus der Manege. Très amusant!