In eine völlig andere Welt führt uns das folgende Stück: in jene des Todes. Verfügte die Gestalt des Todes bereits im Barock über große Strahlkraft, so faszinierte sie Maler, Dichter und Komponisten der Romantik noch einmal stärker. Im 1872 entstandenen Opus 40 von Camille Saint-Saens tritt der Tod als veritabler „Teufelsgeiger“ auf, der um Mitternacht den Skeletten zum Tanz aufspielt. Die französische Textvorlage interpretiert die bekannte Parole von der „egalité“ etwas ironisch damit, dass wenigstens im Tod alle Menschen gleich sind.
Musikalisch ist das Stück von einer besonderen Raffinesse gekennzeichnet: Wie der leibhaftige Teufelsgeiger Niccolo Paganini auch, lässt Saint-Saens nämlich die leere E-Saite der Solovioline um einen Halbton tiefer stimmen, sodass mit der A-Saite das Intervall eines „Tritonus“ entsteht – ein schauerlicher Klang, der in früheren Zeiten den Beinamen „diabolus in musica“, also „Teufel in der Musik“ getragen hat. Mit dieser genialen Anspielung macht der Komponist sofort deutlich, worum es im folgenden „Walzer“ gehen wird: Getanzt wird höchstens im „circulus vitiosus“ eines „Teufelskreises“. Eine weitere Auffälligkeit des Hauptthemas ist der abwärts zielende „Quartfall“, ein seit der Renaissance gebräuchliches Hinfälligkeitssymbol. Eine bestürzende Wirkung erzeugt der Komponist in der Satzmitte mit einer gewagten harmonischen Rückung von g-Moll auf H-Dur, die den Effekt eines „Peitschenschlags“ hat, der die Tanzenden zu letzter Raserei antreibt. Am Höhepunkt – gleichsam „beim ersten Hahnenschrei“ – fällt der Satz plötzlich in sich zusammen und verharrt bis zum Ende in einem trüben Dämmerzustand.